Hoffnung auf Medikament: Chloroquin (04.04.20)

Chloroquin (Quelle: Wikimedia Commons)

Heute berichteten zahlreiche Tageszeitungen darüber, dass die Firma Bayer rund 600.000 Chloroquin-Tabletten nach Deutschland transportiert und eingelagert hat. Viele Fachleute sehen Chloroquin als einen der aktuellen Top-Kandidaten für ein Corona-Medikament.
Chloroquin (7-Chlor-4-(4-diethylamino-1-methylbutylamino)-chinolin) wurde erstmals bereits im Jahr 1934 synthetisiert. In den USA erkannte man die im Vergleich zu anderen Medikamenten deutliche höhere Wirksamkeit der Substanz gegen Malaria. Vor allem nach dem zweiten Weltkrieg war das hochwirksame Mittel lange im Einsatz gegen Malaria, aber im Laufe der Zeit entwickelten die Erreger eine Resistenz. Die Firma Bayer stellte schließlich im Jahr 2019 die Herstellung des unter dem Namen Resochin gehandelten Medikaments ein, da es kaum noch Verwendung fand.
Auch entzündungshemmende, immunmodulierende und antivirale Effekte wurden schon früh dokumentiert. Chloroquin wurde deshalb auch zur Behandlung von Lupus erythematodes (Schmetterlingsflechte, eine Autoimmunerkrankung) und rheumatoider Arthritis eingesetzt.
Chloroquin verbleibt für ein Medikament relativ lange im Körper, es hat eine Halbwertszeit von 10 bis 30 Tagen. Erst nach 10 bis 30 Tagen ist also die Hälfte der aufgenommenen Menge ausgeschieden bzw. abgebaut. Da das Medikament über viele Jahrzehnte eingesetzt wurde, sind auch Nebenwirkungen gut dokumentiert. Neben Magen-Darm-Beschwerden wurden auch Kopfschmerzen, Juckreiz, Sehstörungen und Schlaflosigkeit beobachtet. Sehr selten kann es zu schweren Nebenwirkungen kommen, so z.B. Netzhautschäden, schwere Hautreaktionen, Blutbildstörungen, Krämpfe und sogar Herzrhythmusstörungen.
Insbesondere die antivirale Wirkung von Chloroquin ist durch die Corona-Pandemie in den Fokus der Wissenschaft gekommen. In früheren Studien konnte eine Hemmung der Vermehrung von Flavivieren (Gelbfieber) sowie der Replikation von HIV-Viren gezeigt werden, ebenso ein hemmender Effekt auf Corona-Viren.
Chemisch gesehen ist Chloroquin eine schwache Base. Außerhalb der Zelle liegt es zum größten Teil als positiv geladenes Molekül vor und kann in dieser Form nicht ins Innere von Zellen aufgenommen werden. Ein kleiner Teil liegt aber auch neutral vor und gelangt ins Innere von Zellen. Es reichert sich dort in Zellorganellen mit niedrigem pH-Wert an, u.a. in Endosomen, Golgi-Vesikeln und Lysosomen. In den Organellen erhöht sich dadurch der pH-Wert und dies beeinflusst den Eisen-Haushalt der Zelle, die Eisenkonzentration in der Zelle sinkt. Die sinkende Eisenkonzentration wiederum beeinflusst die Aktivität von Proteinen, die für die DNA-Replikation wichtig sind.
In die Hüllen von Coron-Viren sind auch Glykoproteine integriert. Diese Glykoproteine werden im endoplasmatischen Reticulum durch pH-abhängige Proteasen und Glycosyl-Transferasen (benötigen beide einen niedrigen pH-Wert) modifiziert. Durch die Wirkung von Chloroquin ist der pH-Wert zu hoch und es entstehen nicht infektiöse Viren, da die Modifikation der viralen Glykoproteine nicht korrekt abläuft.
Bereits im Zusammenhang mit der SARS-Epidemie in China kurz nach der Jahrtausendwende wurden Studien veröffentlicht, die eine Hemmung der Replikation des Erregers SARS-CoV zeigten. Es besteht deshalb große Hoffnung, dass Chloroquin und das Derivat Hyroxy-Chloroquin auch die Vermehrung des Covid-19 Erregers SARS-CoV-2 hemmen. In ersten klinischen Studien aus China und Frankreich berichten Forscher von einer Wirksamkeit auch gegen SARS-CoV-2.
In der weltweiten SOLIDARITY-Studie der WHO soll im Laufe der kommenden Woche geprüft werden, ob Chloroquin tatsächlich zur therapeutischen Behandlung von Covid-19 eingesetzt werden kann. Mit belastbaren Ergebnissen ist voraussichtlich Anfang Mai zu rechnen. In den USA hat die Arzneimittelbehörde FDA in einem Notzulassungsverfahren das Mittel bereits zur Behandlung von Patienten freigegeben.
Ein großer Vorteil gegenüber dem zweiten Hoffnungsträger Remdesivir: Chloroquin steht in großer Menge zur Verfügung und wird in Tablettenform eingenommen, Remdesivir ist nur in kleinen Mengen verfügbar und muss intravenös verabreicht werden.

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